Sprung an die Spitze

  • Herren 2
  • 28.10.2019
  • Alex Baumann
  • 1598
 
Die Herren 2 sind für vieles bekannt, aber nicht gerade für das regelmässige Siegen. Mit 4 Punkten am Wochenende eroberten sie nun die Tabellenführung. Wer wissen will, wie Coach Tickler aus Losern Gamechanger formt, der soll sich mittwochs einmal in den Gringel schleichen. Doch er sei gewarnt, für das Geheimnis muss er tief schürfen. Beispielswiese unter Reckstangen...

Wenn Zweite Erste werden...

Eine Viertligarunde ist wie ein Nachtessen im Altersheim. Es geht früh los, man redet von der guten alten Zeit, alle müssen noch auf die Toilette und immer fehlt einer. Diesmal war es Sandro, der zuletzt um 05.20 Uhr in den sozialen Medien gesichtet wurde. Schnell schossen die Spekulationen ins Kraut. Zeitumstellung übersehen? Entführung? Goalie-Raub durch feindliche Teams? Einige gingen leibhaftig vom schlimmsten aus und befürchteten, dass er sich gar derart seriös auf das Spiel vorbereitet hatte. Diese Horrorszenarien konnten glücklicherweise entkräftet werden, doch davon später. Im ersten Spiel ging es gegen Tuggen, das nicht lange brauchte, um in Führung zu gehen. Appenzell reagierte und stellte bis zur Pause auf 3:1. Weil das abgeklärte Spiel den Langweilern vorbehalten ist, liess man Tuggen danach gewähren und kassierte zwei Minuten vor Schluss prompt und verdient den Ausgleichstreffer. Alle stellten sich mental bereits auf ein Unentschieden ein. Doch dann kam Kurt, ohne Helm und ohne Gurt, aber für einmal mit Hose. Andere, bessere hätten wohl einfach mit einem gewaltigen Laserstrahl in gerader Linie den Torwinkel aufgesucht. Nicht so Kurt. Er packte seine ganze Erfahrung in den Ball und gab ihn an der Mittellinie mit der B-Post auf, worauf dieser gemächlich durch Freund und Feind flatterte, wobei flattern noch zuviel gesagt ist. Segeln, wobei segeln noch zuviel gesagt ist. Der Ball entzog sich mit letztem Einsatz gerade noch der Schwerkraft und fiel tiefenentspannt ins Tor. Ein Strich von einem Faden würde nur schon rein körperlich nicht zu Chötz passen, da ist ihm ein Bogen mit seiner Rundung viel sympathischer. Deshalb setzte er seinen Jubellauf gleich bogenförmig übers Feld an und auch sein Mini-Mi an der Seitenlinie freute sich diebisch mit seinem Bauingenieur über die gestohlenen Punkte.

Knechtfrisch ging es in die zweite Partie gegen den Favoriten aus Bazenheid, den letztjährigen Gruppensieger. Inzwischen war sogar der verlorene Sohn Sandro aufgetaucht, verzichtete aber grossmütig auf den Einsatz. Schade eigentlich, so viele Bälle hätte er in der eigenen Wahrnehmung wohl noch nie gefangen. Gemessen an der Anzahl Schiedsrichterpfiffe war es eine äusserst faire Begegnung, bei der jeder Spieler den Friedensnobelpreis verdient hätte. Die Realität sah wahrlich anders aus. Vielleicht hatten die Schiedsrichter eine Blasentzündung, aber wahrscheinlicher rechneten sie bei ihrem allerersten Einsatz nicht mit der jahrhundertealten Rivalität zwischen genetisch aggressiven Appenzellern und södrigen Toggenburgern. Der Liebe Gott hat den Alpstein nicht zufällig an dieser Grenze platziert. Die menschliche Abrissbirne Lutz und Silly Illi, altgedienter Reisläufer aus dem Zürcher Oberland und wegen seinem lateinamerikanischen Teint auch gerne einfach Miguel gennant, stellten die natürliche Ordnung in der eigenen Box wieder her. Einige Toggenburger zeigten für diesen grundsätzlich löblichen Ordnungssinn wenig Verständnis, was aber vielleicht auch am überraschenden Spielstand lag. Trotz spielerischer Unterlegenheit zeigten sich die Appenzeller kampfstark und zu allem Überfluss sogar noch effizient. So kam es, wie es kommen musste: Das Biber-Kägi Fret-Duell endete 5:2. Mit dem Sieg klärte sich auch gleich die Frage, ob zweite Herren Erste werden können. Neu grüssen die Secondhand-Männer nämlich von der Tabellenspitze. Wie sie mit dem Druck umgehen können, wird sich in den nächsten Wochen weisen. Sie werden mittwochs im Gringel weiterhin unter Reckstangen nach ihrem Glück schürfen.